Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion des Arzneitelegramms,
Seit sehr vielen Jahren bin ich ein treuer und dankbarer Leser des „Arzneitelegramms“. Seit über 30 Jahren führe ich eine internistisch – hausärztliche Praxis in Berlin – Charlottenburg mit z.Zt. ca 1000 Patienten der GKV und 100 Pat. der GOÄ (also insgesamt 1100 Pat.) pro Quartal. Im Jahre 2009 habe ich den ersten Fall von Osteomalazie bei schwerem Vitamin-D-Mangel bei einer damals ca 45 Jahre alten Frau diagnostiziert, ein Jahr später den nächsten. Ich habe nach intensiver Durchsicht der Fachliteratur den Eindruck gewonnen, dass der Vitamin D – Mangel in unserer Bevölkerung eine viel größere Bedeutung hat, als das bisher allgemeine Anerkennung findet.
Inzwischen habe ich (Stichtag 03.03.2014) bei 1333 Patienten/Patientinnen eine Ersterfassung des 25-OH-D3-Spiegels durchgeführt. Von diesen hatten 480 ! einen Spiegel von unter 10 ng/ml, - 500 weitere Personen hatten einen Spiegel von unter 20 ng/ml. Betroffen waren alle Altersgruppen. Viele Pat. hatten einen deutlich erhöhten Parathormonspiegel und etliche Personen hatten dramatisch pathologische Tc-GK-Skelett-Szintigramme, so dass man ihnen eine Osteomalazie bescheinigen musste.
Diese Zahlen könnten Sie interessieren. Ich habe sie bereits Prof. Dr. Bergmann (ehemals Robert Koch Institut) und Prof. Dr. Felsenberg (Charité/Klinikum Benjamin Franklin) in einem persönlichen Dreiergespräch vorgestellt. Beide waren der Meinung, dass diese Daten unbedingt im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht werden sollten. Meine Arbeitszeit als Hausarzt hat mir dafür leider noch keine Zeit gegeben.
Im Arzneitelegramm 12/ 2010 wurden unter anderem folgende Feststellung getroffen:
… „Relativ einheitlich wird der Schwellenwert, unterhalb dessen eine Osteomalazie drohen kann, mit 25 nmol/l angegeben.“…. (das sehe ich genauso !)
…“Screening auf Vitamin D – Mangel ist unseres Erachtens nur bei Verdacht auf schweren Mangelzustand mit der Gefahr der Osteomalazie angezeigt“… (das kann ich nicht mehr akzeptieren !)
…“ Vitamin-D-Substitution bei Erwachsenen erscheint uns – abgesehen von schweren Mangelzuständen – allenfalls bei älteren im Heim lebenden Frauen gerechtfertigt“…
Wenn ich den letztgenannten Empfehlungen gefolgt wäre, hätte ich viele meiner Patienten im Elend belassen !
Ich glaube , dass diese Äußerungen in einem anderen Licht erscheinen, wenn Sie meine o.g. Zahlen bezüglich der Häufigkeit und des Ausmaßes des Vitamin-D-Mangels im Patientengut einer Berliner Hausarztpraxis zur Kenntnis nehmen.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich einem Ihrer Mitarbeiter meine Dateien einmal persönlich vorstellen dürfte. Ich würde dann auch einige sehr eindrucksvolle Kasuistiken zu diesem Thema mitbringen.
Ich habe übrigens am 21.09.2013 einen 45 minütigen Vortrag bei der 42. Jahrestagung des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner zum Thema des Vitamin D – Mangels aus der Sicht des Hausarztes gehalten, aus dem die beiden oben gezeigten Folien stammen. In diesem Vortrag habe ich etliche osteomalazietypische Skelettszintigramme demonstriert.
Ich wundere mich, dass ich in 30 Praxisjahren noch nie von anderen Kollegen oder Kliniken die Diagnose der Osteomalazie bei einem Patienten gehört habe. Mein Verdacht ist, dass man mit der häufig falschen Diagnose „Osteoporose“ besser Geld verdienen kann, zumindest aus der Sicht der Pharma-Industrie.
Ich hoffe, Ihr Interesse geweckt zu haben, und würde mich über eine baldige Rückmeldung freuen.
Im Übrigen unterliege ich keinerlei Interessenkonflikten. Ich empfange in meiner Praxis seit über 25 Jahren keine Pharmareferenten. Ich habe auch nicht einen einzigen Kontakt mit Herstellern von Vitamin D gehabt !
Mit freundlichen Grüßen
Dr.med. Peter Otte
Internistisch-hausärztliche Praxis
Tauroggener Straße 14 Aufg. 2
10589 Berlin