Der Spagat zwischen 500 und 400.000 Einheiten Vitamin D
Um den Vitamin D-Spiegel von 10 auf 40 ng/ml zu bringen braucht man normalerweise 300.000 Einheiten Vitamin D.
Wie passt das damit zusammen, dass Kinder 500 oder 1000 Einheiten Vitamin D pro Tag bekommen sollen?
Noch verwirrender wird, es wenn wir hören, dass bei Babys in den 50-er Jahren die Prophylaxe der Rachitis mit 400.000 Einheiten Vitamin D3 erfolgreich war.
Sie kennen bereits das Beispiel der Scheibenbremse. Dieses Modell soll im Folgenden diese scheinbaren Widersprüche auflösen.
Zur Auffrischung: Vitamin D ist wie die Bremsflüssigkeit, die mit Hilfe des Bremspedales aktiviert wird. Dabei ist es völlig ungefährlich wenn die Bremsflüssigkeit auf einen Schlag nachgefüllt wird.
Es hat nun keinerlei Vorteil, wenn Bremsflüssigkeit in täglichen kleinen Rationen eingefüllt wird. Das liegt daran, dass es für das System nur wichtig ist, dass genügend Flüssigkeit vorhanden ist. Liegt also ein Mangel vor, dann sollte der Normalzustand möglichst schnell herbeigeführt werden.
Ist diese Parallele zulässig? Schauen wir uns den Vergleich im Detail an:
Wenn wir die Bremse im PKW benutzen, treten wir auf das Pedal. Das Bremspedal wirkt aktivierend auf die Bremsflüssigkeit.
Die Benutzung der Bremse im PKW entspricht im Organismus der Tagesaktivität, im idealen Falle der sportlichen Betätigung. Die sportliche Aktivität wirkt aktivierend auf das Vitamin D. Vitamin D kann nicht die geringste Wirkungen entfalten, wenn es nicht in die aktive Form umgewandelt wird.
Ein Mangel an Bremsflüssigkeit gefährdet das gesamte Fahrzeug. Das Nachfülllen der Bremsflüssigkeit "Vitamin D" in einer einzelnen großen Menge führt nicht dazu, dass das Fahrzeug komplett blockiert würde. Es wird lediglich eine normales Bremsverhalten ermöglicht.
Der eigentliche Bremseffekt wird im PKW an der Scheibenbremse erreicht. Im Organismus entspricht dies der Wirkung des aktiven Vitamin D, auch "Calcitriol" oder "Protectosteron" am Vitamin-D-Rezeptor (VDR).
Von der Scheibenbremse des PKW her wissen wir, dass es verschiedene Bautypen mit verschiedenen Leistungen gibt. Auch hier gibt es eine Parallele zum Vitamin D-Rezeptor. Dort nenn man die Variationen im Bautyp "Polymorphismus" und kann in Abhängigkeit dazu eine verschieden starke Krebshemmung ermitteln.
Eine Suche auf "www.pubmed.gov" mit der Suchzeile "VDR Polymorphismus Epidem* " ergibt über 180 wissenschaftliche Quellen, die unterschiedliche Leistungen des VDR beschreiben. Beispielsweise zeigte eine Untersuchung mit 14.000 Frauen eine Abweichung des Risikos für Brustkrebs je nach Bauart des VDR von 74% bis 116% (PMID: 19124512).
Sicherlich kann kein Mensch den Bautyp seines Vitamin-D-Rezeptors ändern. Aufgeschreckt durch diesen Zusammenhang kann man aber dafür sorgen, dass man so reichlich Vitamin D zuführt, dass das "Bremssystem" optimale Arbeitsbedingungen hat. Das verlangt nach einem optimal hohen Spiegel des Vitamin D.
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Was bedeutet das für die klassischen Fragen zum Thema Vitamin D?
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"Wie viel Vitamin D soll ich täglich einnehmen?"
Diese Frage lautet übersetzt in das Beispiel des Bremssystems: "Wie viel Bremsflüssigkeit soll ich täglich nachfüllen?"
Die Antwort: Es gibt kein optimales Nachfüll-Verhalten. Wichtig ist nur, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einem Absinken des Wertes unter das vorgeschriebene Minimum kommt. Dieses soll allerdings so hoch gewählt sein, dass auch schwächer ausgelegte Bremssysteme immer ihre volle Leistung entwickeln können.
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Wie geht man mit einem Mangel um?
Ein Mangel sollte möglichst schnell ausgeglichen werden. Die Empfehlung sollte sich nicht an einer speziellen Dosis ausrichten, sondern an dem zu erreichenden Zielwert. Ziel ist beim Vitamin D die Erhöhung des Spiegels auf Werte, die 40-60 ng/ml Vitamin D überschreiten. Bei Werten für Vitamin D unterhalb von 40-60 ng/ml ist die Sterblichkeit erhöht.
Klinische Erfahrungen zeigen, dass mit der Einnahme von 10.000 Einheiten in einer Einzeldosis der Spiegel um 1 ng/ml ansteigt. Will ich also beispielsweise 30 ng/ ml gewinnen, so werden 30 x 10.000 = 300.000 Einheiten benötigt. Diese Berechnung gilt für einen Menschen von 70 kg.
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Wie ist bei Vitamin D für Babys die Spanne zwischen 500 Einheiten Tagesdosis und 400.000 Einheiten Einmaldosis zu erklären?
Wenn 400 Tage lang 500 Einheiten gegeben werden, dann sind das 400 x 500 = 200.000 Einheiten Vitamin D. Bei der Einmalgabe muss mehr gegeben werden, weil nach 3 Monaten schon die Hälfte abgebaut ist.
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Warum ist Vitamin D in einer einmaligen Dosis von 300.000 Einheiten harmlos?
Vitamin D wird in einer inaktiven Form in die Depots des Köpers eingefügt. Diese Dosis führt zu einem harmlosen Anstieg des Spiegels um 30 Punkte. Eine unmittelbare Stoffwechselwirkung tritt erst durch Aktivierung ein - nämlich körperlicher Betätigung. Hier spüren viele Menschen nach einer Aufsättigung mit dem "Vitamin-D-Setup" eine bessere körperliche Leistungsfähigkeit. Auch wenn Müdigkeit und Erschöpfung lang anhaltend waren, so können Sie oft schnell überwunden werden.